Bei Erdenmensch handelt es sich um einen dystopischen Kunstfilm, der auf Basis eines Gedichtes entstanden ist, das stilistisch Bezüge zum Expressionismus (Bsp. Menschheitsdämmerung) aufweist. Der Kurzfilm ist als eine Nachricht an den Zuschauer gedacht und hinterfragt kritisch die Rolle und Aufgabe des Menschen auf der Erde.
Zu sehen ist ein Mensch, der aus dem Wasser auftaucht – eine scheinbar banale Geschichte, die ihren Anfang im kalten Nass findet, beginnt und bildet doch ab, was heute viele von uns im Wachsen und Werden bewegt. Die Kindheit, die uns unsere Sinne spüren und erleben lässt, scheint zu kurz zu kommen, denn als Erwachsene werden wir geboren und widmen uns stetig dem wiederkehrenden monotonen Tagwerk. Eines das Nichts mehr mit unseren Sinnen gemein hat. So eignen wir uns ohne Umschweife die umliegende Natur an, bearbeiten, essen und inhalieren sie, bis nichts mehr davon bleibt. Und an dieser Stelle nimmt die Hauptdarstellerin, die sinnbildlich für den Menschen steht, auch metaphorisch die Rolle der Erde ein. Nicht nur der Mensch verändert sich, sondern auch der Planet. Hände „aus allen Himmelsrichtungen“ ergreifen sie und machen sie sich zu eigen. Und nicht nur der Mensch auch sie verwandelt sich damit, sozusagen, zu einer silbernen Maschine. Eine, die scheinbar außer Kontrolle gerät.
An der Stelle schließt der Film auch an die Philosophie des Existenzialismus an. An die Frage nach dem Sinn unseres Daseins. Er bezieht sich in seiner Ganzheit, aber auch auf die Zeit des Expressionismus – an die vier Etappen der Selbsterkenntnis, wie sie stilistisch die Lyriker jener Zeit geprägt haben. Die Erweckung des Menschen beginnt am Morgen, mit dem Abend wächst die Empörung (Kann ich mich verbinden oder bin ich doch allein?) über das eigene Dasein. In der Nacht, wenn die Sterne am hellsten Leuchten steht ein Untergang bevor – im Film wird aus Mensch Maschine. Der Zyklus schließt sich zum wiederkehrenden Morgen. Diese Etappe verspricht den Neuanfang, aber nicht in ERDENMENSCH. Der Blick wird zuletzt auf eine verschmierte Fläche gelenkt. Desktops, Tablets, Smartphones – Bildschirme durchziehen unseren Alltag – begrenzen unseren Blick. Aus Realität wird Virtualität und der Kontakt zur Natur und zum Menschsein geht auf einer dreckigen verklebten Scheibe verloren. Ist das alles was bleibt? Die Distanz wird nochmal zusätzlich durch die blecherne monochrome Tonalität des Films im Allgemeinen unterstrichen, aber auch zum Schluss, wenn der Zuschauer die Worte der Darstellerin nur noch schwer korrekt erschließen kann, die schlichtweg eine Wiederholung der Stimme aus dem Hintergrund sind. Der Kontakt zum Außen ist damit bereits verloren gegangen. Ist die Frage nach dem Ausgang unseres Daseins längst beantwortet?
Der Kurzfilm ist als Kritik an unsere Gesellschaft zu verstehen und lässt sich, darüber hinaus, auch als die Verbildlichung einer allgemeinen aufkeimenden Depression weiter spinnen… Der Mensch optimiert alle Arbeitsschritte fortwährend, verschwendet dabei Unmengen an Ressourcen, einzig allein um Profit zu erwirtschaften und verliert dabei den Kontakt zu sich selbst und den tieferen Werten unseres Daseins auf diesem Planeten.
Der Kunstfilm “Erdenmensch” gewann die 19. Lausitzer Filmschau am 1. November 2021.
Regie, Script, Schnitt: Carolin Bloch
Co-Regie: Martin Drzisga
Hauptrolle: Miriam Sesay
Kamera: Heiko Schleinitz
Soundtrack: Felix Dahlmanns
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